Auch wenn ich lange nicht genug Zeit dafür finde, ich lese sehr gerne. Hier findet ihr einen kleinen Überblick über meine Lese-Geschichte - Lieblingsbücher, Lieblingsautoren, von meiner Kindheit bis heute.

 

Das erste Buch, an das ich mich erinnern kann, es bewusst gelesen zu haben, war "Fünf Freunde erforschen die Schatzinsel" von Enid Blyton. Natürlich habe ich danach die gesamte Fünf Freunde-Reihe verschlungen; die Fernseh-Serie habe ich allerdings gehasst, weil alles irgendwie so unecht aussah. Später waren "Die Drei Fragezeichen" meine absoluten Favoriten und irgendwann zwischendrin fand ich "Burg Schreckenstein" ganz toll. Dann begann die Mittelstufe, und ich habe aufgehört zu lesen, weil man mich dazu zwingen wollte.

Die Bücher, die uns in der Schule aufgezwungen wurden, waren im Nachhinein betrachtet bestimmt keine schlechten Bücher, aber zu dieser Zeit fand ich meine Hormone wesentlich interessanter, als einen nicht meine Sprache sprechenden Wilhelm Tell oder das Andorra eines Herrn Frisch. Noch nicht einmal George Orwells "1984" konnte mich damals begeistern und Huxleys "Schöne neue Welt" war nicht die meine. Erst in der Oberstufe habe ich wieder angefangen Spaß am Lesen zu finden. Allerdings immer noch nicht die Bücher, die uns verordnet wurden. Bis auf Harper Lees "Wer die Nachtigall stört" in Englisch/Leistung habe ich kein einziges Buch vollständig gelesen, geschweige denn gemocht. Heinrich Manns "Der Untertan" hat bis heute eine tiefe Abneigung gegen selbigen hinterlassen; selbst der Film war sterbenslangweilig.

Aber zu dieser Zeit begann ich wieder privat zu lesen, auch wenn der Grund dafür einzig und alleine dieses Mädchen war, in das ich mich verliebt hatte. Sie sprach ständig von irgendwelchen Büchern und ich wollte gerne mitreden können. Es war nicht meine Absicht, mich bei ihr einzuschleimen und alles gut zu finden, was sie gut fand. Im Gegenteil: Zuerst nahm ich mir den Schriftsteller vor, den sie am meisten hasste, und ich hoffte, dass mir seine Bücher gefallen würden, damit ich ihr etwas entgegenzusetzen hätte. Ich kaufte mir Hemingways "Fiesta" und las es in einem Stück durch - enttäuscht, weil es zwar gut geschrieben, aber nicht sehr aufregend war. Aufgeben wollte ich ihn noch nicht gleich, also kaufte ich mir einen zweiten Hemingway: "Wem die Stunde schlägt". Für dieses Buch werde ich ihn immer lieben; es ist seine beste Geschichte mit den tiefsten Charakteren - der einzige Hemingway, der mir ein paar Tränen entlocken konnte. Die Verfilmung mit Gary Cooper und Ingrid Bergman war dann leider doch etwas lau und wurde (wie so oft) dem Buch in keinem Falle gerecht. Das mit dem Mädchen hat übrigens nicht geklappt, aber ich habe trotzdem weitergelesen.

Als nächstes nahm ich mir Shakespeare vor. Nicht, weil ich mir dadurch ein Vergnügen versprach, sondern weil ich dachte Shakespeare gehöre zu denen, die man einmal gelesen haben muss. In der Schule hatte man mich mit Shakespeare "verschont", wahrscheinlich hätte ich "Romeo und Julia" sowieso sofort in den Mülleimer befördert. Aber jetzt, nach den ersten Seiten, als ich mich an diese wundervolle Sprache gewöhnt hatte, konnte ich nicht mehr damit aufhören. "Hamlet", "Othello", "Macbeth", "Heinrich V.", "Der Kaufmann von Venedig", "Maß für Maß",... - ich sog sie alle in mich auf. Erst in Deutsch, dann in Englisch, und ich kam aus dem Staunen über die Zeitlosigkeit seiner Geschichten und Charaktere nicht mehr heraus. 

Als ich anfing Anglistik zu studieren, belegte ich sofort ein Seminar über Shakespeares Sonette, ging aber nur zweimal dorthin, weil sie jeden Satz einzeln zerpflückten und analysierend auseinander nahmen, so dass von der eigentlichen Schönheit seiner Poesie nichts mehr übrig blieb. Es genügt Shakespeare zu lesen, um zu wissen, dass er ein Meister war - man muss ihn nicht analysiert haben oder zitieren können.

Ein ebensolcher Meister - wenn auch ungleich zeitgenössischer - ist für mich John Steinbeck. Er ist einer der variabelsten Schriftsteller, die ich kenne. Egal, ob Piraten-Geschichte ("Cup of Gold"), zeitkritisches Drama ("Früchte des Zorns"), Reisebeschreibung ("Meine Reise mit Charley"), Satire ("Lasst uns König spielen") oder Familiensaga ("Jenseits von Eden") - Steinbeck beherrschte alles in Perfektion. Wer "Jenseits von Eden" als Film gesehen hat, kennt nur ein Sechstel der ganzen Geschichte - das Ende, um genau zu sein. Ich kannte den Film, bevor ich das Buch gelesen habe, habe ihn mir aber sofort nach dem Lesen noch einmal angesehen, und es war ein völlig neues Erlebnis, in Anbetracht des Wissens um die Vorgeschichte der Familie Trask. Der Film wird dadurch keineswegs schlechter, versprochen. Meine Lieblingsgeschichte von Steinbeck ist in zwei, jeweils in sich abgeschlossenen Büchern erschienen: "Die Strasse der Ölsardinen" und "Wonniger Donnerstag". Es ist die Geschichte der Cannery Row und ihrer Anwohner - eine Gruppe von spitzbübischen Tagelöhnern, liebenswerten Huren, Menschen mit menschlichen Macken und mittendrin ein Meeresbiologe namens Doc, dem alle nur Gutes wollen und doch nur Chaos dabei produzieren. Wem diese Geschichten nicht das eine oder andere Schmunzeln oder eine kleine Träne entlockt, ist entweder ein kaltherziger Bastard oder tot.

Wen ich erst sehr spät entdecke habe, aber deswegen nicht weniger bewundere und wertschätze, ist Fjodor M. Dostojewski und seine Meisterwerke schriftstellerischen Könnens. Kein anderer verschafft dem Leser derartig tiefe Einblicke in die Abgründe der menschlichen Seele, ohne dabei langweilig zu werden. Als Einstieg in seine vier Hauptwerke empfehle ich "Die Brüder Karamasow" und gleich im Anschluss "Schuld und Sühne", eines der besten Bücher, die jemals geschrieben wurden.

Zu meinen weiteren russischen Freunden zähle ich Iwan Turgenjew und Leo Tolstoi, insbesondere seine "Anna Karenina".

Ein Buch, das ich sehr gerne in der Schule gelesen hätte und auch jetzt noch als den Jugendroman schlechthin (neben J.D. Salingers "Fänger im Roggen", der mir ebenfalls als Schüler vorenthalten wurde) bezeichnen möchte, ist Hermann Hesses "Demian", den er als bereits 42jähriger unter dem Pseudonym Emil Sinclair veröffentlichte - "um die Jugend nicht durch den bekannten Namen eines alten Onkels abzuschrecken". Des weiteren lege ich jedem "Narziss und Goldmund" sowie den "Steppenwolf" ans Herz - es sind Bücher, die man nie vergisst.

Genug jetzt der Toten, wenden wir uns den Lebenden zu. Wenn ich den Begriff Lesevergnügen wörtlich nehme, fällt mir sofort John Irving ein. Er ist einer der wenigen, die mich beim Lesen seiner Bücher des öfteren laut und überzeugt lachen lassen. Seine Geschichten sind größtenteils etwas skurril und sein Humor ist auf gute Weise krank, was eine Verfilmung seiner Bücher fast unmöglich macht. "Hotel New Hampshire" wurde verfilmt, konnte aber trotz hervorragender Besetzung den Witz des Buches nicht auf die Leinwand retten. Von Irving kann man eigentlich alles lesen, das Lesevergnügen ist stets das gleiche.

Wer beim Lesen nicht gerne lacht, sollte dann doch lieber zu Bret Easton Ellis' "American Psycho" greifen - dort vergeht einem das Lachen sehr gründlich. Die ersten hundert Seiten wird man mit Belanglosigkeiten eingelullt, nur um kurz darauf sehr böse geweckt zu werden. In einem Interview sagte Easton Ellis, dass ihm während des Schreibens einzelner Szenen manchmal selbst schlecht geworden wäre - und ich glaube ihm das unbesehen. Jetzt wurde es sogar verfilmt, allerdings nicht sehr gut, wie zu befürchten war. Einzig der Hauptdarsteller (Christian Bale) konnte mich überzeugen, der Rest war langweilig.

Ebenfalls verfilmt (und zwar perfekt) wurde Irvine Welshs "Trainspotting", was aber nicht heißen soll, dass man das Buch nicht lesen muss. Welsh ist der erste Schriftsteller der 90er vor dem ich meinen Hut ziehe. Seine Sprache ist jung und frisch, ebenso seine Charaktere: Gesellschaftliche Verlierer und Aussenseiter, die man eigentlich hassen möchte, aber doch irgendwie gerne hat.

 

Zum Abschluss noch einige Autoren und Bücher, die mir ebenfalls am Herz liegen: John Niven, Nick Hornby, Mark Twain, Charles Dickens, Joanne K. Rowling, Peter Pan, Der Zauberer von Oz, und wahrscheinlich noch ganz viele, die ich jetzt vergessen habe.

Grundsätzlich ist es allerdings ziemlich egal, was man liest - Hauptsache, man liest überhaupt. Nicht nur, weil es im besten Fall bildet, sondern in erster Linie, weil es Spaß macht. Und für alle angehenden Autoren: am meisten über das Schreiben lernt man beim lesen.